Der aktuelle Hype auf Kryptowährungen ist massiv und lockt tausende neuer Investoren an. Aber es handelt sich nicht um die erste Kursrallye dieser Art! Wo die Reise hingeht, ist natürlich stets nur Spekulation, aber wir können aus der Geschichte der Kryptowährungen und der Finanzmärkte im Allgemeinen viel lernen. Insbesondere das Ei des Kostolany ist dabei extrem hilfreich! Was es damit auf sich hat und wie wir es einsetzen können, um die eigenen Gewinne zu maximieren, will ich dir hier genauer erklären.
Nicht der erste Run auf Kryptowährungen
Die Höchststände bei den Kryptowährungen haben vielen Anlegern gewaltige Renditen eingebracht, aber auch die Angst vor einem Crash geschürt. Bei Preisen von über 50.000 Euro pro Bitcoin ist die Frage, wo die Reise hingehen könnte, mehr als berechtigt.
Gerade, weil sich die Kurse der Kryptowährungen so extrem schnell verändern und es noch deutlich weniger Erfahrungswerte gibt, als für andere Finanzprodukte, ist die Furcht der Investoren groß.
Schon vor drei Jahren gab es einen großen Run auf Bitcoin und Co., der den Preis auf einen damaligen Spitzenwert von über 17.000 € hob, bevor es zu einem gewaltigen Crash kam. Fast 70 Prozent verlor die bekannteste Kryptowährung damals.
Auch wenn die historischen Daten der Kryptowährungen selbst noch kaum ausreichen, um Muster zu erkennen, sind wir als Anleger keineswegs blind unterwegs: klassische Börsenweisheiten und Erfahrungen bewahrheiten sich auch bei den Kryptos.
Eine der berühmtesten und hilfreichen in diesem Zusammenhang: Das Ei des Kostolany.
Kostolany Phasen
André Kostolany war einer der bekanntesten Börsenexperten mit über 70 Jahren Berufserfahrung als Makler und Spekulant. Teil seines umfangreichen Schaffens in Form von Büchern, Beiträgen und Analysen war auch das “Ei des Kostolany”: die Beschreibung eines Phänomens sich immer wiederholender Zyklen an der Börse.
Diese, in sechs Phasen unterteilbare Bewegung, ist von starken psychologischen Einflüssen getrieben und gewährt uns tiefe Einblicke in den Markt. Die aktuellen Kursverläufe der Kryptowährungen sind typische Beispiele für Kostolanys Beobachtungen und können uns als Anleger helfen, die künftigen Entwicklungen besser vorherzusagen.
Elementar ist dabei die niemals endende Wiederholung der Auf- und Abbewegungen, die Kostolany beschreibt. Auch an den Bitcoin-Preisentwicklungen können wir diese ablesen: Anfang 2011 stieg der Kurs von 10 Cent auf 32 Dollar, um anschließend wieder auf 2 Dollar zu sinken.
Dann ging es bis auf 1.200 USD, nur um wieder auf 160 Dollar zu fallen. Im Dezember 2017 dann der gewaltige Sprung auf 20.000 USD und der folgende Sturz auf 3.400 Dollar. Zum Verfassungszeitpunkt dieses Textes stehen wir bereits bei 60.000 Dollar – ein erneuter Einbruch wird also früher oder später folgen.
1. Phase: Tiefstpreise
Schauen wir uns das Ei des Kostalny in Bezug auf Kryptowährungen an, müssen wir natürlich vorne, mit der ersten Phase, beginnen. Diese ist von absoluten Tiefstpreisen gekennzeichnet. Die Investoren sind panisch und werfen ihre Werte zu Spottpreisen auf den Markt.
Dass die Stimmung unter den Anlegern entsprechend schlecht ist, versteht sich von selbst. Für ein hochgradig digitales Asset wie Kryptowährungen lässt sich dies sehr gut an den Google Trends ablesen: Das Interesse an Bitcoin und Co. sinkt in diesen Zeiten drastisch und deutlich weniger Nutzer suchen entsprechende Begriffe.
Den letzten Tiefpunkt dieser Art fanden wir, laut Google Trends, im Januar 2019. Und tatsächlich lag der Preis eines Bitcoin mit knapp 3.000 Euro auf seinem niedrigsten Wert seit 3 Jahren.
Egal, ob Kryptowährungen oder Aktien – Phase Eins ist der ideale Zeitpunkt zum Investieren! Die Kurse sind jetzt am Boden und werden in den nächsten Monaten entsprechend steigen – wir als Anleger wollen uns diesen Zugewinn natürlich zunutze machen.
Jetzt ist eine sorgfältige Analyse der einzelnen Kryptowährungen, Aktientitel etc. gefragt, um das beste Investment zu finden. Wer sich dies nicht zutraut, kann auch schlicht in den gesamten Markt anlegen und zum Beispiel die passenden ETFs nutzen.
Kostolany nennt die Anleger, die in dieser Marktphase einsteigen, die “Hartgesottenen”, wohingegen diejenigen, die in diesen schlechten Zeiten verkaufen, für ihn “zittrige Hände” haben.
2. Phase: Aufwärtstrend
Der Aktienmarkt bleibt nie dauerhaft am Boden und auch bei den Kryptowährungen geht es nach jeder Talfahrt wieder bergauf. Die zweite Phase ist von diesem Stimmungsumschwung gekennzeichnet.
Die Kurse beginnen hier langsam zu steigen und immer mehr Anleger investieren jetzt wieder in Bitcoins, Aktien und Co. Wer bereits in der ersten Phase eingekauft hat, kann zwar die höchsten Gewinne realisieren; auch in der zweiten Phase kann jedoch noch lukrativ investiert werden – allerdings mit Bedacht!
Im Gegenzug für die etwas kleineren Renditen im Vergleich zur ersten Phase profitieren wir nun allerdings von einer größeren Gewissheit, dass der Tiefpunkt wirklich überwunden ist. sicherheitsbedachte Investoren schlagen also eher hier zu.
3. Phase: Übertreibung des Aufwärtstrends
Was folgt, ist üblicherweise die Übertreibung der Aufwärtsbewegung: Die Kurse der Kryptowährungen sind jetzt überbewertet – jede Newsseite und auch die Google Trends laufen über mit Meldungen über die tollen Verdienstmöglichkeiten mit Bitcoins.
Am Aktienmarkt ist diese dritte Phase durch Kurse gekennzeichnet, die durch die Geschäftszahlen des jeweiligen Unternehmens keineswegs gestützt werden. Negative Nachrichten haben zu diesem Zeitpunkt allerdings kaum noch Auswirkungen, da die Stimmung an den Märkten derart überschwänglich ist.
Nun ist der Punkt gekommen, an dem der kluge Investor aus den überbewerteten Anlagen aussteigt und seine Gewinne mitnimmt. Ob diese Phase bei den Kryptowährungen bereits eingetreten ist, lässt sich natürlich nicht mit Gewissheit sagen. Meine Meinung ist jedoch: Ja, wir befinden uns bereits in Phase drei!
Kostolany beschreibt diesen Zeitraum auch in Hinsicht auf die Umsätze an den Märkten: Wenn die höchste Anzahl an Teilnehmern aktiv ist und die höchsten Mengen gehandelt werden, liegt Phase drei vor. Das Handelsvolumen für Bitcoins stieg seit Mitte Dezember von 21 Milliarden Euro auf einen Rekord von 94 Milliarden Euro pro Tag im Januar – ein deutliches Zeichen!
4. Phase: Beginn des Abwärtstrends
Dass die Kurse nicht ewig steigen können, versteht sich von selbst. In Phase 4 tritt die Umkehr langsam ein und erste Investoren ziehen ihr Kapital ab. Dabei handelt es sich allerdings um die erfahrenen und professionellen Anleger, wohingegen die Laien weiter mit voller Kraft ihre Ersparnisse einsetzen.
Wer in der dritten Phase gekauft hat, erlebt nun bereits die ersten Verluste. In der Folge macht sich Nervosität breit, aber es besteht gleichzeitig noch Hoffnung auf ein erneutes Ansteigen der Kurse unserer Kryptowährungen.
In dieser Phase helfen auch gute Nachrichten nicht mehr. Für Bitcoins ist dieser Punkt, in meinen Augen, noch nicht gekommen. Aber auch hier muss ich zugeben, dass eine genaue Analyse schwer bis unmöglich ist.
5. Phase: Weiterer Abwärtstrend
Die Kurse sind in der fünften Phase bereits seit einiger Zeit gefallen und somit ist klar, dass der Höhepunkt definitiv hinter uns liegt. Was folgt, ist nur noch ein weiterer Abwärtstrend, sodass der kluge Anleger bereits verkauft hat. Er hält sein Kapital jetzt bereit, um am Tiefpunkt wieder einzukaufen.
6. Phase: Talfahrt
Wir haben es kommen sehen: Die sechste Phase ist von absoluten Talfahrten gekennzeichnet, in denen unsere Kryptowährungen, Aktien etc. sogar unter ihren realistischen Wert fallen. Auch die Stimmung unter den Anlegern oder in den Medien ist denkbar schlecht.
Diese Phase ist, ebenso wie Phase drei, von starker Übertreibung gekennzeichnet – nur diesmal in die andere, negative Richtung. Die Anleger mit den zittrigen Händen verkaufen erst jetzt und nehmen in ihrer Panik hohe Verluste in Kauf. Hartgesottene hingegen schlagen genau jetzt zu und nutzen die Mittel, die sie für diesen Zeitpunkt aufgespart haben, um günstig zu kaufen.
Auch in dieser Phase erleben wir einen enormen Anstieg des Handelsvolumens. Das ist nachvollziehbar, da jetzt große Mengen an Kryptowährungen von den Händen der panischen Anleger zu den Erfahrenen übergehen.
Fazit: Was uns Kostolany mit dem Ei des Kostolany lehren möchte
So einfach die Anwendung von Kostolany’s Phasen auf unser Handeln mit Kryptowährungen auch klingen mag, in der Realität ist es natürlich nicht immer so einfach, die genauen Zeitpunkte zu bestimmen. Das liegt insbesondere daran, dass wir häufig gegen die Mehrheitsmeinung ankämpfen müssen, wenn wir lukrativ handeln wollen.
Das ist oft leichter gesagt, als getan: Nicht jeder Investor kann ruhig bleiben, wenn die Märkte um ihn herum in Panik verfallen. Gleichwohl ist es auch unglaublich schwer, nicht auf einen gewaltigen Hype aufzuspringen und stattdessen den tatsächlich besten Zeitpunkt abzuwarten.
Das Ei des Kostolay lässt sich dabei sowohl auf Kryptowährungen als auch den Aktienmarkt anwenden – beide Märkte folgen aber eigenen Zyklen. Bitcoins bewegen sich dabei etwas schneller als Aktien und konnten daher, trotz ihrer recht kurzen Geschichte, schon mehrere komplette Durchläufe der sechs Phasen erleben.
Die aktuelle Welle der Euphorie wird also unweigerlich in Kurseinbrüchen enden – die Frage ist nur, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist. Wer, wie ich, langfristig in Bitcoin investiert, kann sich dabei eher entspannt zurücklehnen. Der kommende Verlust spielt keine Rolle, da ein Verkauf in den nächsten Jahren ohnehin nicht vorgesehen war.
Für die kurzfristigen Anleger ist die Frage, wo wir uns in Kostolany’s Zyklus befinden, jedoch von deutlich größerer Wichtigkeit. Dass der Aktienmarkt als auch die Börse für Kryptowährungen auf den vier grundlegenden Emotionen Euphorie, Angst, Panik und Gier basieren, das ist sicher.